Mein Leben mit CMT
Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung


Ich möchte euch hier auch noch ein paar andere Erfahrungsberichte zeigen, welche ich gefunden habe. Gern könnt ihr jetzt auch in meinen Forum eure Geschichten und Erfahrungen reinschreiben. Oder auch Ideen von euch!
Die HMSN ist eine Erkrankung, die an sich den ganzen Körper betrifft. Meist wird darauf hingewiesen, dass "nur" die unteren Extremitäten betroffen sind. Dies trifft auch zu, wenn ein Erkrankter nur sehr schwach betroffen ist oder in einem frühen Stadium der Erkrankung ist. Im Extremfall kann jedoch jeder Muskel im Körper betroffen sein. Ich möchte an dieser Stelle darauf hin weisen, dass die HMSN bei jedem Menschen anders verläuft. Das gilt auch für mehrere Betroffene in einer Familie. Es gibt Menschen, die schon früh in ihrem Leben auf Hilfsmittel angewiesen sind, andere wissen nie, dass sie an einer HMSN erkrankt sind.
Statistisch gesehen hat einer von 5.000 Einwohnern einer Stadt eine HMSN. Das bedeutet, dass in einer Stadt mit 250.000 Einwohnern 50 HMSN-Kranke leben!
Ich lebe in einer Stadt mit 250.000 Einwohnern und weiß von 3 weiteren Erkrankten.

Da es relativ gesehen so wenig Erkrankte gibt, kommt es häufig vor, dass Ärzte eine falsche Diagnose stellen, da ihnen die HMSN noch nie begegnet ist. Die meisten Ärzte lernen zwar während ihres Studiums, dass es diese Erkrankung gibt, wenn sie jedoch keine Gelegenheit haben, einen Erkrankten kennen zu lernen, geht das Wissen um die Erkrankung verloren.

In sehr vielen Fällen gehen HMSN-Erkrankte als erstes zum Orthopäden. Eine Charakteristik ist, dass man häufiger hinfällt. Der Orthopäde wird dann vermutlich Fußmissbildungen (wie Senk-Spreiz-Füße, Plattfüße, Spreiz- oder Hammerzehen) feststellen oder schwache Fußgelenke diagnostizieren. Bei der Untersuchung könnte sich auch herausstellen, dass man verkürzte Achillessehnen hat. Mit etwas Glück fällt dem Arzt auf, dass man Probleme bei der Fußhebung hat, dass die Waden- und Fußmuskulatur vermindert ist und dass weniger Beweglichkeit in den Gelenken vorhanden ist. Sobald diese Diagnosen gestellt sind, bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten. Entweder der Arzt weiß, dass es sich nicht nur um ein orthopädisches Problem handelt und veranlasst weitere Untersuchungen oder er versucht es mit klassischen Therapiemethoden wie Physiotherapie, Einlagen etc.
Häufig landet man dann früher oder später bei einem Neurologen. Dieser ist für die Diagnose der HMSN der wichtigste Arzt. Als erstes wird sich der Neurologe neben Füßen bzw. Beinen auch die Hände bzw. Arme anschauen und feststellen, dass auch die Handmuskulatur betroffen ist. Dies zeigt sich durch Schwäche in Fingern, Händen und Handgelenk, dem Verlust der Daumenmuskulatur und eingeschränkter Beweglichkeit der Hände.
Der Arzt wird dann prüfen, ob man noch auf den Zehen stehen kann bzw. auf den Hacken laufen kann. Im Anschluss daran wird er sicherlich wissen wollen, wie das Gleichgewicht betroffen ist.
Das Gleichgewicht ist bei der HMSN normalerweise mit beeinflusst, weil die Fußmuskulatur zu schwach ist, um plötzliches Stoppen oder eine Veränderung des Untergrundes zu kompensieren. Alleine das freie Stehen im Raum kann Schwierigkeiten bereiten, so dass man sich an irgendetwas festhalten muss, um nicht umzufallen. Ganz schlimm kann es werden, wenn man im Dunkeln irgendwo freihändig steht und nach oben guckt. Da man dabei die Orientierung verliert, kann man schon mal ganz gut ins Schwanken geraten.
Ein Test der Reflexe wird vermutlich zeigen, dass manche Reflexe erloschen sind.

Ein wichtiges Symptom ist auch die schnelle Ermüdbarkeit bei HMSN-Erkrankten. Da der Körper durch die normale tägliche Arbeit oftmals schon überlastet ist, sind die meisten Erkrankten schnell erschöpft und benötigen etwas mehr Schlaf als Gesunde.

Um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen, wird dann ein EMG (Elektromyogram) oder ein NLG gemacht. Das EMG misst mit elektrischem Strom die Reizbarkeit und Funktion der Muskeln und der Nerven. Das NLG (Nervenleitgeschwindigkeit) misst, inwiefern die Nerven Impulse senden bzw. empfangen. Bei der HMSN ist die Nervenleitgeschwindigkeit deutlich verringert gegenüber gesunden Menschen.

Als weitere Diagnosemöglichkeit steht inzwischen für die Typen HMSN 1 und HMSN Typ X ein Gentest zur Verfügung. Hierbei wird dem Patienten Blut abgenommen, welches dann auf genetische Veränderungen untersucht wird. Zuerst wird das Blut auf den am häufigsten vorkommenden Typ 1 untersucht, wenn diese Untersuchung negativ ist, wird nach den anderen bekannten Erbgutveränderungen geschaut. Durch den genetischen Test hat sich inzwischen herausgestellt, dass manch ein Erkrankter, der mit HMSN 2 diagnostiziert wurde, eigentlich an HMSN 1 erkrankt ist. Die Fehldiagnose kann durch eine Biopsie zustande kommen, da dort ja andere Kriterien für die Diagnosestellung zu Grunde gelegt werden. Bei der Biopsie wird ein ca. 5-DM großes Muskelstück entnommen und mikroskopisch untersucht. Anhand des Aussehens der Nerven wird dann festgelegt, welche HMSN vorliegt. Hierbei hat sich inzwischen gezeigt, dass das Aussehen der Nerven nicht unbedingt mit dem genetischen "Fehler" übereinstimmt. Insofern ist es sinnvoll, auch als HMSN 2-Erkrankter einen Gentest machen zu lassen.

Die oben beschriebenen Symptome sind diejenigen, welche meistens als Erstes auftreten. Im weiteren Verlauf treten meist Störungen und Verlust der Feinmotorik in den Fingern und Sensibilitätsstörungen in Füßen und Händen auf.
Daneben können noch weit mehr Symptome auftreten, z.B. Skoliosen, Hüftbeschwerden, Schluckbeschwerden, Probleme mit der Augenmuskulatur, Zittern, Atembeschwerden, Muskelverspannungen und Schmerzen. Dazu muss aber gesagt werden, dass nicht jeder HMSN-Patient alle diese Probleme hat und niemand sagen kann, welches Symptom individuell auftreten wird. Genauso sollte beachtet werden, dass es sicherlich noch viele andere Symptome gibt, die auftreten können und die auf die HMSN zurückzuführen sind. Da die Forschung im Bereich der HMSN aber noch lange nicht abgeschlossen ist, wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, bis wirklich alle Symptome bekannt sind. Da viele niedergelassene Ärzte häufig noch in veralteten Lehrbüchern Antwort auf ihre Fragen suchen, kommt es vor, dass einem Patienten erzählt wird, dass dieses oder jenes Symptom nichts mit der HMSN zu tun hat. In diesen Fällen kann man nur den Arzt wechseln oder andere Betroffene fragen, ob sie ähnliche Probleme haben.

Obwohl es inzwischen einige Diagnosemöglichkeiten gibt, besteht immer noch nicht die Möglichkeit, die Erkrankung zu heilen oder zu stoppen. Sicherlich werden sich jetzt einige fragen, warum man es dann überhaupt wissen muss, ob man eine HMSN hat und welcher Typ es ist. Das Wissen um die Erkrankung ist u.a. wichtig, wenn es um Operationen geht, denn zum einen sollte dabei eine spezielle Narkose (eine Trigger-freie Narkose) benutzt werden, zum anderen sollten zu lange Liegezeiten vermieden werden. Das Wissen um den Typ der HMSN spielt für die weitere Vererbung und eventuelle Kinderwünsche eine Rolle.

aus der Quelle von: http://utssti.vs120080.hl-users.com/HE/HMSN/HMSN.html


Mein Leben mit HMSN
Tip´s, Links und Hinweise aus meiner eigenen Erfahrung

Die HMSN (Hereditäre motorisch sensible Neuropathie) bzw. CMT (Charcot-Marie-Tooth) wurde bei mir schon recht früh diagnostiziert (ca. mit 10 Jahren), mir aber zu DDR-Zeiten (ich wohne im Osten Deutschlands) aus unerklärlichen Gründen verschwiegen. Erst in den Jahren 2002 und später wurde mir durch eine sehr liebevolle und fachlich sehr versierte und engagierte Ärztin der Befund mitgeteilt. Das war natürlich eine Menge verlorene Zeit.

Eine streßige Arbeit, ich war 15 Jahre selbständig, eine Knie-OP mit Vollnarkose und anschließender langer Liege- und Heilzeit, bedingt durch eine Wundinfektion, haben die Folgen dieser Erkrankung so richtig zu Tage befördert. Verlorene Muskulatur konnte ich bis heute nicht wieder erlangen. Anspannung, massiver Muskelabbau, Überforderung der verbliebenen Muskulatur, zunehmende Verformung meiner Füße, zu einem besonders stark ausgeprägten Klumpfuß bds., Kontaktschmerzen an allen Körperteilen, weil kaum mehr Muskulatur vorhanden ist, lassen mich heute im Rollstuhl sitzen und schränken derart ein, daß ich Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen muß.

Die Erfahrung zeigt in meinem Fall ganz deutlich:
- Streß und Überforderung
- Lange erzwungene oder auch freiwillige, übermäßige Ruhezeiten für die Muskulatur
- Kälte und frieren
- falsche Medikamente bzw. Narkosen
- fehlende Information(smöglichkeiten) zur Krankheit
- unzureichende Information an die Ärzte

kann das Fortschreiten der Krankheit sehr ungünstig beeinflussen.


Es empfielt sich in jedem Fall:
- Einer angemessenen Arbeit nachzugehen
- Vermeiden Sie Überanstrengungen (Muskelkater)
- Achten Sie auf alles, was Sie in den Erschöpfungszustand versetzt
- Bitte schlafen sie ausreichend bzw. achten Sie auf den Wunsch des Körpers nach Erholung!!!
- Versuchen Sie nie längere Zeit zu frieren (warm genug anziehen). Kälte führt zu (oft viel zu viel) Anspannung
- Achten Sie auf GUTE physiotherapeutische Betreuung (Massagen, manuelle Therapien,
(Wechsel)Bäder, ...)
- gerade hier kann Überforderung oder Fehlbelastung mehr Schaden machen als gewollt
- Geben Sie bei einem Arztbesuch immer an, daß Sie an HMSN leiden !
- Ich trage eine Patientenverfügung bei mir, in welcher ich diese und andere wichtige
Hinweise für den Arzt aufgezeichnet habe.
- Achten Sie auf Medikamente, die sich nachteilig auf die Krankheit auswirken können
- Eine sehr aussagefähige Beschreibung zur Thematik finden Sie hier:
http://www.gloorbeat.ch/126912.html
- Die Hompage von Herrn Beat Gloor ist in diesem Zuasammenhang ohnehin als Ganzes eine
wirklich empfehlenswerte Seite. Hier wurde mit sehr viel Fleiß eine Menge sehr wichtiger
Information zusammengetragen. Siehe bitte
www.gloorbeat.ch

Ein kurzes Wort zum Schluß:
Mein eigenes Beispiel zeigt mir, daß ich mit einer sehr vernünftigen und gesunden Lebensweise, die mir die Ruhe in der Rente natürlich auch erlaubt, ein relativiert verlangsamtes Fortschreiten der Krankheit erreichen konnte. Ich treibe Sport im Rahmen meiner Möglichkeiten (habe mir bspw. einen Aktivrollstuhl verschreiben lassen, der mich gesund fordert und den ich prompt genehmigt bekam, ich gehe viel in warmen Wasser schwimmen usw.) und kann damit ein gewisses Wohlbefinden erreichen. Zuviel Ruhe macht mir fast Angst, weil ich sofort zusehen kann, wie sich alles rückwärts, sprich in Richtung Muskelabbau, entwickelt.

Ich hoffe mit diesem kleinen Beitrag, der im Gästebuch oder einem Forum gern auch diskutiert werden kann, besonders denen geholfen zu haben, die erst kürzlich die Diagnose HMSN bzw. CMT gestellt bekamen. Bitte geben Sie nie auf, jeder Mensch hat Fähigkeiten, die er Anderen zur Verfügung stellen kann ! Wer gibt (und hier kommt es nicht auf die Menge an), der erhält auch oft eine Menge zurück.

Heiko Eckert

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